Staffelfinale der Stadtgespräche

Interview mit Regisseur Philip Bruederle

Seit dem vergangenen Samstag ist die komplette Staffel der „Stadtgespräche“ online. Die Filme sind ein Ausrufezeichen der regionalen Kulturlandschaft inmitten der 4. Corona-Welle. Kommentare wie „Super, mehr davon!“ oder „Sehr schön. Bitte weitermachen.“ auf den städtischen Social-Media-Kanälen machen deutlich, dass die beiden Filmemacher Philip Bruederle und Julian Jankowski den Nerv des Publikums in einer schwierigen Zeit getroffen haben. Im Interview äußert sich Bruederle zu seiner Motivation und zu den weiteren Plänen.

Wie kamen Sie auf die Idee für Ihre Stadtgespräche?

Philip Bruederle: In meinem Beruf als Regisseur und Fotograf arbeite ich fast ausschließlich für internationale Kunden wie Samsung, Porsche, Land Rover, etc. Diese Produktionen finden immer in großen Metropolen im In- und Ausland statt. Nach jedem Job freue ich mich dann wieder zurück in die Heimat, das Rheinland, zu kommen. Über die Jahre fand ich es immer schade, dass sich hier zwar mein privates Leben abspielt, es jedoch immer unmöglich schien auch hier in Koblenz hochwertige Projekte umzusetzen.
Im Zuge der Pandemie wurde mir wieder bewusst, wie viele interessante Persönlichkeiten hier ihr Zuhause haben, aber um ihren Beruf auszuüben oft nach Berlin, Paris etc. reisen müssen. Warum nicht also auch hier diesen Kulturschaffenden eine Bühne bieten und gemeinsam ein tolles, zukunftsfähiges Projekt umsetzen? Koblenz ist mehr als das oft bemühte „jeder kennt jeden“, mehr als das tief verankerte Selbstbild einer vermeintlichen Provinzstadt, die 2011 durch die Buga für einen kurzen Moment wachgeküsst wurde. Davon sind wir überzeugt, als Kreative, die nicht nur mit internationalen Kunden arbeiten, sondern auch über einen längeren Zeitraum woanders gelebt haben. Koblenz ist mehr, die Region ist mehr, die Kultur gibt beiden ein stabiles Fundament. Das möchten wir zeigen, in dem wir Kultur zum Stadtgespräch machen. Damit möchten wir unseren Beitrag dazu leisten, die Region genauso zu stärken wie das öffentliche Verständnis von Kultur und davon was sie für die Gesellschaft leistet. Hierfür bewegen wir uns vom klassischen Werbe- zum Dokumentarfilm, setzen dabei unser erlerntes Handwerk ein und probieren selbst etwas Neues.

Wie können wir uns die Stadtgespräche vorstellen?

Bruederle: Viel ist in dieser Zeit von Vernetzung die Rede. Deshalb bringen wir in unseren Stadtgesprächen Personen ganz konkret zusammen. Repräsentan*innen der heimischen Kulturlandschaft, die sich möglichst nicht kennen, vielleicht schon mal voneinander gehört haben, oftmals aber auch nicht. In Staffel 1 traf sich der Street Artist mit dem Cellisten, der Hip-Hopper mit der Poetry Slammerin, die Dragqueen mit der Malerin, die Autorin mit der Künstlerin, die Tänzerin mit dem Gitarristen und der Maler mit dem Kunsthistoriker. In einer viertel Stunde wird über die portraitierten Persönlichkeiten Kultur für das Publikum erlebbar; und es zeigt sich das enorme Potenzial, das im Zusammentreffen sich unbekannter Personen zu finden ist. Es wird sichtbar, welche Innovationsfördernde Wirkung der interdisziplinäre Austausch haben kann.

Wie geht es mit den Stadtgesprächen weiter?

Bruederle: Wir möchten, dass die Filme nachwirken, dass die über die Filme vermittelte Erkenntnis, dass es sich lohnt in Koblenz und Region genauer hinzuschauen, weitere Folgen hat. Uns ist mit dem Dreh der ersten Staffel klargeworden: Es gibt da noch mehr zu entdecken und gemeinsam zu entwickeln. Und daher möchten wir weitermachen und im kommenden Jahr weitere Folgen produzieren. Wir bemühen uns aktuell um Fördermittel. Wir möchten damit auch an die Kulturschaffenden appellieren, sich aktiv in die regionale Kulturlandschaft einzubringen, sich sichtbar zu machen und Gehör zu verschaffen. Wir möchten im besten Fall der Stadt Koblenz und der Region Ideen für neue Kooperationsmodelle und Kulturformate an die Hand geben.

PHILIP BRUEDERLE

REGISSEUR / FOTOGRAF

Philip realisiert Werbekampagnen und Editorials für nationale und internationale Kunden und Magazine. Wie zum Beispiel: Aston Martin, Jaguar, Highsnobiety, Karl Lagerfeld, Leica, Philips, Porsche, Schwarzkopf, Samsung und Wella.

Die kompette Staffel seht ihr hier.

Die Reihe “Stadtgespräch” wurde gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) mit Mitteln aus dem Programm „NEUSTART KULTUR II“ sowie durch das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz.

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