Dokumentation zum 2. Netzwerktreffen der Koblenzer Kultur- und Kreativwirtschaft

„Räume neu denken“

Bereits am 18. Mai 2022 hatten sich Akteur:innen der Koblenzer Kultur- und Kreativszene auf Einladung der Dezernentin für Bildung und Kultur Dr. Margit Theis-Scholz getroffen um folgenden Zielstellungen nachzugehen:

  • einen Überblick über die Kultur- und Kreativwirtschaft in Stadt und Region zu gewinnen;
  • die Formulierung erster Ansätze für eine gemeinsame Zukunftsperspektive für die Kultur- und Kreativwirtschaft in der Region Koblenz zu versuchen;
  • erste strategische Ansätze zur erfolgreichen Einbringung der Kultur- und Kreativwirtschaft in die Stadt- und Regionalentwicklung zu skizzieren.

Beweggründe auf Seiten des Kulturdezernats zur Planung dieser Veranstaltung fußen auf der Überzeugung, dass die Kulturschaffenden und die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft zukünftig einen deutlich hörbareren und aktiveren Teil im Rahmen gesamtstädtischer Überlegungen einnehmen sollen.

Gestützt wird diese Überzeugung u.a. durch 5 Thesen, die das Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft im Sommer veröffentlicht hat und die auch den Rahmen für den weiteren Prozess zur Vernetzung der Koblenzer Kultur- und Kreativwirtschaft bilden sollen.

These 1: Krisen als Chance für nachhaltige Transformation nutzen.

Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes

Die Zukunft der Innenstädte wird nicht erst seit Corona intensiv diskutiert, aber die Entwicklung der vergangenen Jahre und die nun drohenden Auswirkungen der Energiekrise geben der Diskussion eine neue Dynamik und Brisanz.

Auch in Koblenz gibt es viele Überlegungen und Initiativen, die sich dem Thema „Innenstadt der Zukunft“ widmen und dieses in den Mittelpunkt rücken. Daher ist es an dieser Stelle wichtig zu unterstreichen, dass die laufende Veranstaltungsreihe vor allem dazu dient einen wichtigen Baustein für diesen Prozess zu liefern – nämlich die Schnittstelle zwischen Kultur und Kreativwirtschaft genauer unter die Lupe zu nehmen und deren Wirkungsgrad zu erhöhen.

These 2:  Akteur:innen der Kultur- und Kreativwirtschaft strukturell stützen und stärken.

Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes

Im Zentrum des Treffens im Mai stand der gemeinsame Austausch. Entlang von Leitfragen wurde gemeinsam eine Stärken- und Entwicklungsbedarfanalyse vorgenommen. Die Leitfragen lauteten:

  1. Wie werden wir uns selbst und damit auch gegenüber der Öffentlichkeit unserer Stärke als Kultur- und Kreativwirtschaft bewusst?
  2. Zeichnet sich eine gemeinsame Vision der Kultur- und Kreativwirtschaft für die Stadt/Region Koblenz ab?
  3. Welchen Beitrag können wir als Kultur- und Kreativwirtschaft mit Blick auf eine mögliche Vision leisten?

Mit Blick auf die Fremd- und Eigenwahrnehmung der Branche ergab sich ein eher ernüchterndes Bild. Die Aussagen der Beteiligten ließen erkennen, dass nach wie vor zu viele singuläre Interessenslagen die Branche prägen und es an einem definierten Gemeinschaftsgefühl fehle. Als Gründe hierfür wurde die Heterogenität der Branche und mangelnde Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit genannt. Zudem attestierten die Teilnehmenden Kunst und Kultur einen generell eher geringen Stellenwert in der Gesellschaft. In der Konsequenz erschwere dies die Verständigung auf eine gemeinsame Perspektive. 

These 3: Die Kultur- und Kreativwirtschaft als Jobmotor mit Potenzial attraktiver machen.

Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes

Dem gegenüber stand die gemeinsame Überzeugung, dass Stadt und Region mit zahlreichen Stärken überzeugen: Mit Wirtschaftsbereichen, die über hohe Potenzialkraft verfügen, mit einem breiten Kulturangebot und mit einem großen räumlichen Einzugsgebiet. Die ins richtige Licht gerückte Kombination all dieser Faktoren könne Stadt und Region an Strahlkraft gewinnen lassen und zudem der allgegenwärtigen Herausforderung des Fachkräftebedarfs entgegenwirken.

Festzuhalten bleibt als Ergebnis, dass zur Stärkung der Kultur- und Kreativwirtschaft in ihrer Rolle als gestaltender Kraft für Stadt und Region Entwicklungsbedarf besteht. Die Stärken der Region, die gerne auch als Argument für einen nur geringen Handlungsbedarf herangezogen werden, wiegen die Schwächen nicht auf. Sie bieten aber eine geeignete Grundlage um diesen entgegenzuwirken.

These 4: Investitionen in soziale Interaktion und Beziehungsqualität setzen.

Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes

Die Kooperationspartner verbanden mit der Veranstaltung zudem das übergeordnete, längerfristig angelegte Ziel der Bildung eines gemeinsamen Netzwerks. Die Diskussionen in den Workshops ergaben hierfür eine klare Anforderung: Netzwerke oder Communities brauchen Räume: Raum zum Austausch, Raum zum Nachdenken, Raum um Ideen zu entwickeln, Raum zum Gestalten und Raum zum Entspannen. Diese Räume können auf ganz unterschiedlichen Interpretationsebenen angesiedelt sein: Physisch, virtuell, kleinteilig oder großflächig.

Der Fokus für die Folgeveranstaltung war gefunden: Mit der konkreten Fragestellung „Welche Räume benötigt die Koblenzer Kultur- und Kreativwirtschaft und wie könnten diese aussehen?“  setzten sich die Teilnehmenden am 11. Oktober kritisch und engagiert auseinander und widmeten sich somit einem weiteren Schritt im Sinne der letzten These.

These 5: Die Modernisierung der kultur- und kreativwirtschaftlichen Unterstützungsstrukturen beschleunigen.

Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes

Impulse

Die Veranstaltung begann mit einem Impuls von Manuel Scheidegger von „Argumented Reality“ aus Göttingen zum Thema Raum. Gemeinsam widmeten sich die Teilnehmenden einer begrifflichen Annäherung an Raum und Ort. Im Zentrum stand dabei die Differenzierung beider Begriffe und die Bedeutung der Interaktion, um aus einem Ort schließlich einen Raum entstehen zu lassen. Dabei wurde deutlich: Ein Ort kann zum einen verschiedene Räume beherbergen, ein Raum sich zugleich über verschiedene Orte erstrecken. Kleine thematisch passende Umfragen rundeten den ersten thematischen Impuls ab.

„Es braucht eine neue Mischung in den Innenstädten und Kunst und Kultur werden dabei ein stärkeres Gewicht einnehmen müssen.“

Prof. Dr. Jürgen Hardeck, Staatssekretär im Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration in seinem Grußwort

Ein zweiter Impuls von Manuel Scheidegger beinhaltete die Präsentation des „StartRaum“ in Göttingen. Im StartRaum kommen Menschen und Unternehmen zusammen, die auf eine offene, gleichberechtigte und kreative Weise arbeiten und innovative Produkte oder Projekte umsetzen möchten. Dafür bieten die Verantwortlichen Raum, Wissen und Kompetenz, schaffen Freiräume, Spielräume, Denkräume. In einem Space der inspiriert, ermutigt und Spaß macht. (mehr auf www.startraum-goettingen.de)

Ergebnisse

Zwischen den Impulsen wurde es immer wieder im Plenum konkret. Gemeinsam sammelten die Teilnehmenden Anforderungen an Räume für die Kultur- und Kreativwirtschaft.

Unterstützt durch die Moderation von Arno Schäfer und ergänzende Impulse von Katharina Arimont von „Art in Strategy“ aus Berlin ergaben sich in der anschließenden Diskussion um die Anforderungen an neu zu gestaltende Räume für die Kultur- und Kreativwirtschaft begriffliche Ergänzungen und Verstärkungen:

  •               Nachhaltig
  •             Toleranz
  •              Dynamik
  •               Niedrigschwellig
  •               Emotionen
  •               Plattform
  •               Authentizität
  •               Barrierefreiheit
  •               Wohlfühlen
  •               Echte Diversität
  •               Originalität
  •               Augenhöhe
  •               Realisierbarkeit
  •               Nutzungskonzept
  •               Betreuung/Ansprechpartner
  •               Anbindung
  •               Heterotopie
  •               Raum als Werkzeug
  •               Mindset
  •               Community
  •               Ganze Stadt
  •               Stellplätze
  •               Technische Ausstattung
  •               Helligkeit
  •               Regeln
  •               Planungssicherheit
  •               Testbereich „Labor“

Fazit:

Die engagierte Diskussion war der Auftakt eines Meinungsbildungsprozesses, an dessen Ende ein gemeinsames Konzept für einen Raum oder Ort stehen könnte. Die Stimmung war von Neugierde geprägt und auch die Bereitschaft etwas mitgestalten zu wollen wurde deutlich spürbar. Das Gros der Teilnehmenden unterstrich dies zum Abschluss der Veranstaltung mit der Zusage die nächsten Schritte aktiv mitgehen zu wollen. Über die Konkretion der Möglichkeiten individueller Beteiligung stimmen sich die Kooperationspartner zeitnah untereinander ab.

„Unzweifelhaft benötigt der Prozess seine Zeit, aber der hier und heute eingebachte Elan muss unser Antrieb sein, denn längere Verzögerungen würden zu Lasten dieses Enthusiasmus gehen.”

Dr. Margit Theis-Scholz
Dezernentin für Bildung und Kultur der Stadt Koblenz

„Wir als loser Unternehmensverbund möchten einen neuen Ort schaffen, an dem wir unser Knowhow einbringen und zugleich andere Sichtweisen kennenlernen können.“

Stefan Ternes
Sprecher der Digitalen Kooperative Koblenz

Die Präsentationen zu den Impuslen

Die Dokumentation zum Download

Related Articles