Kultur Symposium „Zukunftswerkstatt – Kultur in Koblenz 2030“ – Dokumentation
Pandemiebedingt war das 5. Kultursymposium des Dezernats für Bildung und Kultur der Stadt Koblenz und des Koblenzer Kulturvereins e.V. zweimal verschoben wurden. Am 28. Oktober fand es schließlich in hybrider Form statt. Für das Symposium „Zukunftswerkstatt – Kultur in Koblenz 2030“ hatten die Veranstalter passende Kooperationspartner gewonnen: Die Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz (ZIRP) e.V. und die medien-ip-werkstatt Koblenz.
Gemeinschaftserfahrung und Aufbruch
Der ursprünglich geplante Veranstaltungsort, das Medienzentrum der Rhein-Zeitung in Koblenz, wurde für die Präsenzteilnehmer genutzt. Professor Dr. Oliver Scheytt, ehemaliger Kulturdezernent der Stadt Essen und Lehrstuhlinhaber für Kulturpolitik an der Universität Hamburg sowie Inhaber der Kulturexperten GmbH eröffnete mit seinem Hauptvortrag zum Thema Kultur 2030 das Symposium. Ihm folgten Vorträge von PD Dr. Margit Theis-Scholz, Dezernentin für Bildung und Kultur der Stadt Koblenz und Vorsitzende des Koblenzer Kulturvereins, zur Bedeutung von Dialog, kulturpolitischem Diskurs und Netzwerken in Koblenz. Prof. Dr. Theodor Enders von der medien-ip-werkstatt referierte zum Thema „Digitalisierung in der Kultur“. Moderiert wurde die Veranstaltung, die am Nachmittag durch Workshops mit Svenja Noltemeyer von den Urbanisten aus Dortmund, Volker Cornet von der Musiker Initiative Music Live e.V. aus Koblenz und Bartel Meyer vom Kulturbüro Rheinland-Pfalz zu Fragen des Ehrenamts und der Nutzbarmachung von öffentlichen Räumen abgerundet wurde, durch die freie Journalistin Katrin Wolf.
Theis-Scholz gab zur Begrüßung die Zielsetzung der Veranstaltung aus: Gemeinsam werfe man einen Blick in die Zukunft, ohne für alles schon fertige Antworten parat zu haben. Es ginge viel mehr darum, Gedankenanreize zu schaffen und regionale Diskurse anzustoßen. Prof. Dr. Jürgen Hardeck, Staatssekretär des Ministeriums für Familie, Frauen, Kultur und Integration der Landesregierung, sprach mit Blick auf 2030 von einem anstehenden Generationenwechsel, bei den Kulturschaffenden selbst und beim Publikum. Mit dem Changemanagement-Programm, das im kommenden Jahr durch eine Kulturentwicklungsplanung abgelöst werden soll, unterstütze das Land bei entsprechender Weichenstellung. Koblenz und die Mittelrheinregion hätten mit der Bundesgartenschau 2029 eine spannende Perspektive vor Augen. Für einen laufenden Kulturbetrieb sei die Sicherstellung der personellen Infrastruktur eine der zentralen Aufgaben, für die die Entwicklung des Ehrenamts vor dem Hintergrund sich veränderter Bedürfnisse der Menschen einen besonderen Stellenwert habe, so Hardeck. Dass wir als Gesellschaft vor einem Jahrzehnt epochaler Umwälzungen stehen, betonte Lars Hennemann, Chefredakteur der Rhein-Zeitung und verwies auf die notwendigen Zusammenhänge zwischen der Beantwortung der großen gesellschaftlichen Fragen und der Kulturpolitik. Die Rhein-Zeitung als modernes Medienhaus sei dabei gerne starker Partner, ergänzte Hennemann. Heike Arend, Geschäftsführerin der Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz (ZIRP) e.V., sprach mit Blick auf 2030 von der Zukunft unserer Innenstädte, bei deren Entwicklung die Kultur eine maßgebliche Rolle spielen werde. Passend dazu gab Enders von der Medien-ip-werkstatt in seiner Begrüßung das Ziel aus, Kultur als Pflichtaufgabe der öffentlichen Hand zu verankern.
Die Bedeutung des Raums
Enders fasste all das, was über den Tag folgte, am Nachmittag anhand von zwei Schlagworten zusammen, die sich für ihn wie ein roter Faden durch den Tag gezogen hätten: Räume und Selbstwirksamkeitsüberzeugung.
Was ist Raum, und was machen Menschen aus diesem Raum? Theis-Scholz stellte in ihrem Vortrag die digitale Plattform Kulturhaus Koblenz+ vor, bei deren Entwicklung das Bild eines gemeinsamen Hauses mit vielen Räumen immer Leitbild gewesen sei. Räume für die Kulturschaffenden selbst, um sich zu präsentieren, aber auch Gemeinschaftsräume zum gegenseitigen Austausch, zur gegenseitigen Unterstützung, z. B. über die Einrichtung einer gemeinsamen Ehrenamtsbörse innerhalb des Kulturhauses. Noltemeyer von den Urbanisten appellierte dafür, dass die Nutzung öffentlichen Raums vereinfacht werden müsse, um Kultur, vor allem in Zusammenhang mit kulturellen Bildungsprojekten, in den Stadtteilen zu ermöglichen. Die Suche nach Räumen war ausschlaggebend für die Gründung der Musikerinitiative Music Live in Koblenz vor über dreißig Jahren, und das Thema bleibe zentral. Die Musiker:innen – und hier vor allem der Nachwuchs – bräuchten Räume und Bühnen, die im Idealfall keiner wirtschaftlichen Nutzung unterlägen. Bartel Meyer begab sich bei seinem Blick in die Region und die Zukunft auf die Metaebene und sprach über Denk- und Gestaltungsräume und den Auftrag der Kulturschaffenden, aus diesen mit neuen Formaten vor das Publikum zu treten.
Kultur als Querschnittsaufgabe
Das zweite Schlagwort Selbstwirksamkeitsüberzeugung griff Enders auf Oliver Scheytts Vortrag auf. Mit Blick auf das Jahr 2030 wandelte er dies, in gewisser Weise an die teilnehmenden Kulturschaffenden appellierend, in „Gemeinschaftswirksamkeitserfahrung“ um. Auch hierzu gaben die Referent:innen über den Tag hinweg aus ihren unterschiedlichen Perspektiven hilfreiche Impulse: Das Kulturhaus Koblenz+ sei nicht alleine ein Schaufenster der regionalen Kulturlandschaft, sondern gleichzeitig auch mit dem Anspruch gestartet, kooperatives Denken und Arbeiten zu fördern, betonte Theis-Scholz. Die Projekte der Urbanisten dienten nicht einfach der Stadtverschönerung, sondern der Aktivierung kooperativer Netzwerke, um nachhaltig Nachbarschaftsnetzwerke in den Stadtquartieren zu stärken, erklärte Noltemeyer. Auch Music Live sehen ihr Erfolgskonzept in der Vernetzung über die Musikszene hinaus. Es gehe darum, neue Kontakte schaffen, dabei Strukturen aufbrechen und so für die Realisierung geplanter Vorgaben an mancher Stelle personelle und organisatorische Löcher zu stopfen, berichtete Cornet. Und Meyer appellierte an alle Teilnehmer:innen, auf ihn mit Ideen und Fragen im Kulturbüro zuzugehen, wie man die Menschen auf das Morgen neugierig machen und so gemeinsam Neues für die Region von morgen schaffen könne. Geld sei grundsätzlich vorhanden, es ginge daher darum gemeinsam Strategien zu entwickeln, um davon auch etwas abzukommen. Für die Moderatorin lag in diesem Moment ein Hauch von Revolution in der Luft, nüchtern betrachtet lag Meyer damit aber wohl auf der Linie von Professor Scheytt, der in seinem Vortrag mit Blick auf die öffentlichen Verwaltungen Kultur als Querschnittsaufgabe der Stadtpolitik verstanden wissen wollte. Der Auftrag der öffentlichen Hand sei die ressortübergreifende Gestaltung der kulturellen Infrastruktur und die Beantwortung des Einsatzes von Ressourcen, hier in erster Linie Recht und Geld, um Veränderung und Fortschritt für den Einzelnen zu erzielen.
Um die Wirkung des Einzelnen ging es Enders in seinem Schlusswort, mit dem er das 5. Kultur Symposium schloss. „Unser Ziel muss es sein, aus unseren Möglichkeiten gemeinsam mehr zu machen, als jede oder jeder Einzelne von uns alleine kann.“ Damit sollte einem 6. Kultur Symposium im nächsten Jahr, dann hoffentlich ohne Pandemie-bedingte Einschränkungen, nichts im Wege stehen. Es soll sich inhaltlich voraussichtlich mit der Rolle und Bedeutung der Kreativwirtschaft als regionalem Standortfaktor befassen.