Im 5. Jahrhundert v. Chr., in der Hochblüte der griechischen Kultur, haben drei Tragödiendichter die Theaterbühne Athens beherrscht: Aischylos, Sophokles und Euripides.Ihre Stücke waren mit Mythen befasst, die sie jeweils anders auslegten, weil ihre Weltsicht eine verschiedene war.
Hoben die beiden älteren Dichter in ihren Stücken die Allmacht der Götter hervor und glaubten fest an eine
höhere Gerechtigkeit, stellte der jüngste von ihnen, Euripides (ca. 480-406 v. Chr.), ein gottbefohlenes Schicksal gänzlich in Frage. Er gehörte zu den Aufklärern seiner Zeit und gestand den Menschen ein eigenes Entscheidungsvermögen zu. Aber er propagierte nicht nur die Befreiung von göttlicher Determiniertheit, sondern übte zugleich Kritik an eben diesem frei agierenden Menschen.
Der Vortrag zeigt mit Blick auf andere euripideische Stücke, angefangen mit der Alkestis (438 v. Chr.), dass der Dichter dieser kritischen Sicht auf den Menschen bis zu seiner letzten Tragödie, der Iphigenie in Aulis (406 v. Chr.), treu geblieben ist.